1 BGE 98 II 148 - Bundesgerichtsentscheid vom 13.07.1972

Entscheid des Bundesgerichts: 98 II 148 vom 13.07.1972

Hier finden Sie das Urteil 98 II 148 vom 13.07.1972

Sachverhalt des Entscheids 98 II 148

Der Erblasser Hans Benno Saladin starb am 31. Mai 1970 und hinterliess eine Ehefrau Eva Weiland-Saladin, die als Erbin seines Nachlasses zustand. Am 24. August 1971 hat Paul Weiland das Begehren gestellt, dass die Erben des Hans Saladin sämtliche letztwilligen Verfügungen des Verstorbenen zur amtlichen Eröffnung dem Bezirksgericht Zürich einzureichen sollten. Das Bezirksgericht bestätigte dieses Urteil und hat es bestätigt, dass jeder Interessierte durch privatrechtliche Klage die Erfüllung der Ablieferungspflicht nach Art. 556 ZGB erzwingen könnte. Die Erbengemeinschaft Saladin beantragt jedoch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, da sie argumentieren, dass die Einlieferung der letztwilligen Verfügungen ein blosser Vorläufer der Testamentseröffnung ist und daher nicht zivilrechtlich relevant ist.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

Details zum Bundesgerichtsentscheid von 13.07.1972

Dossiernummer:98 II 148
Datum:13.07.1972
Schlagwörter (i):Saladin; Einlieferung; Verfügungen; Urteil; Weiland; Zivilrechtsstreitigkeit; Gerichtsbarkeit; Berufung; Bundesgericht; Entscheid; Zivilrechtsstreitigkeiten; Bezirksgericht; Erben; Klage; Pflichtteils; Sicherung; Erbengemeinschaft; Sicherungsmassregel; Bereich; Sinne; Weiland-Saladin; Ehefrau; Ehegatten; Benno; Erbin; Sondergut; Eröffnung

Rechtsnormen:

BGE: 81 II 251, 84 II 326, 85 II 279, 91 II 396 , 94 II 57, 91 II 397, 94 II 58

Artikel: Art. 55 ZGB , Art. 44 ff. OG, Art. 190 ZGB , Art. 45 lit. b OG , Art. 55 ZGB

Kommentar:
-

Entscheid des Bundesgerichts

Urteilskopf
98 II 148

22. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Juli 1972 i.S. Erbengemeinschaft Saladin gegen Weiland.

Regeste
Einlieferung letztwilliger Verfügungen (Art. 556 ZGB). Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44/46 OG).
Ein behördlicher Entscheid, der die Einlieferung der letztwilligen Verfügungen anordnet, bildet eine blosse Sicherungsmassregel, die in den Bereich der nicht streitigen Gerichtsbarkeit fällt und somit nicht zu den Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 44 ff. OG gehört.

Sachverhalt ab Seite 148
BGE 98 II 148 S. 148
Die Eheleute Paul und Eva Weiland-Saladin leben getrennt, seit die Ehefrau im Jahre 1963 vergeblich die Scheidung der Ehe zu erreichen versucht hat. Trotz richterlichen Aufforderungen weigerte sich die Ehefrau, zu ihrem Ehegatten zurück zukehren.
Am 11. August 1969 verfügte der Vater der Frau Weiland, Hans Benno Saladin, in einem Testamentsnachtrag, dass seiner Tochter, die auf ihre gesetzlichen Pflichtteilsansprüche verzichtet habe, der Drittel seines Nachlasses, der ihr als Erbin zustehe, als Sondergut zuzuwenden sei. Am 12. August 1969 verzichtete Eva Weiland-Saladin erbvertraglich auf ihren gesetzlichen Pflichtteilsschutz an den dereinstigen Nachlässen ihrer Eltern.
Hans Benno Saladin starb am 31. Mai 1970.
Am 24. August 1971 hat Paul Weiland beim Bezirksgericht Zürich das Begehren gestellt, die Erben des Hans Saladin seien
BGE 98 II 148 S. 149
zu verpflichten, gemäss Art. 556 ZGB sämtliche letztwilligen Verfügungen des Verstorbenen zur amtlichen Eröffnung dem Bezirksgericht Zürich einzureichen. Das Bezirksgericht hat die Klage gutgeheissen.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das die Beklagten appelliert haben, hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt. In seinen Erwägungen weist es darauf hin, dass jeder Interessierte durch privatrechtliche Klage die Erfüllung der Ablieferungspflicht nach Art. 556 ZGB erzwingen könne. Unter dem Güterstand der Güterverbindung sei ein Interesse des Ehegatten der Erbin an der Einreichung und Eröffnung der letztwilligen Verfügungen zu bejahen. Die beiden Rechtsgeschäfte - der Erbverzicht und die Zuwendung des Pflichtteils zu Sondergut -, die einzig den Zweck verfolgten, das Verbot des Art. 190 Abs. 2 ZGB zu umgehen, seien ungültig und daher ohne Einfluss auf das Interesse des Ehemannes.
Gegen dieses Urteil hat die Erbengemeinschaft Saladin Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen.

Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Berufung an das Bundesgericht ist, von den hier nicht zutreffenden Ausnahmen der Art. 44 lit. a-c und Art. 45 lit. b OG abgesehen, gemäss Art. 44 OG nur in Zivilrechtsstreitigkeiten zulässig. Unter Zivilrechtsstreitigkeit versteht man ein kontradiktorisches Verfahren, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse durch behördlichen Entscheid abzielt (BGE 78 II 180 /181, BGE 81 II 251 /252, BGE 84 II 326, BGE 85 II 279, BGE 91 II 396, BGE 94 II 57).
Art. 556 ZGB, der die unverzügliche Einlieferung der beim Tode des Erblassers vorgefundenen letztwilligen Verfügungen vorschreibt, steht im Abschnitt über die Massnahmen zur Sicherung des Erbganges. Die Einlieferung soll die ordnungsgemässe Abwicklung des Erbganges vorbereiten, insbesondere dafür sorgen, dass die letztwilligen Verfügungen des Erblassers erhalten bleiben. Ein behördlicher Entscheid, der die Einlieferung anordnet, hat daher nicht die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse zum Gegenstand. Vielmehr handelt es sich dabei um eine blosse Sicherungsmassregel, die in den Bereich der nicht streitigen Gerichtsbarkeit fällt (vgl.
BGE 98 II 148 S. 150
BGE 70 II 166). Die Anordnung der Einlieferung ist ein blosser Vorläufer der in Art. 557 ZGB vorgeschriebenen Testamentseröffnung, die ihrerseits ein Akt der nicht streitigen Gerichtsbarkeit ist (BGE 75 II 194 Erw. 3 am Ende). Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit sind keine Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 44 OG (vgl. BGE 91 II 397 Erw. 1 mit Hinweisen und BGE 94 II 58). Die vorliegende Berufung ist daher nicht zulässig.

Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.